Sind Passivhäuser wirtschaftlich?

Logo des Passivhaus Institutes (PHI)Oh je, bei diesem Thema sehe ich schon etliche Kommentare auf mich zukommen, in denen über die gewählten Randbedingungen – sprich Preise, Teuerung, Zinsen, Förderung, Verbrauch – diskutiert wird. Darum gleich vorweg: ich bin kein Finanzexperte und werde daher auch keine allgemeingültige Rechnung zu den Mehrkosten und dem Einsparpotential von Passivhäusern aufstellen. Selbst das Passivhaus Institut lehnt sich bei diesem Thema nicht so weit aus dem 3-fach verglasten Fenster. Ich möchte vielmehr zeigen, ab welchen Randbedingungen der Bau eines Passivhauses sich lohnt. Dabei muss ich natürlich Annahmen treffen, die zum einen zeitlich und örtlich variieren können, zum anderen auch nicht alle Möglichkeiten bis auf den letzten Eurocent ausreizen. Dass der erhöhte Baupreis von Passivhäusern immer noch eines der größten Hindernisse zur flächendeckenden Verbreitung des Konzeptes ist, hatte ich ja bereits früher einmal beschrieben.

Gehen wir also einmal davon aus, dass das Ehepaar Müller sich überlegt, für sich und die beiden Kinder ein Eigenheim im Grünen zu bauen. Irgendwas nettes, was die aktuellen gesetzlichen Vorgaben zum Energiebedarf einhält: ein „Gesetzhaus“. Aber doch nichts von der Stange, denn ein wenig persönlicher Einfluss sollte dem Haus am Ende schon anzusehen sein. Das neue Eigenheim soll so um die 180 m² Wohnfläche haben. Erste überschlägige Berechnungen haben ergeben, dass ein Baupreis von 1.100 Euro pro m² für die Wünsche der Müllers ausreichend sein sollte. Auf die Müllers kommen also Baukosten von ca. 200.000 Euro zu.

Was würde sich finanziell ändern, wenn man dieses Gesetzhaus zu einem Passivhaus „tunen“ möchte? Als erstes wäre dann ein erhöhter Planungsaufwand zu berücksichtigen. Dieser, zusammen mit z.B. einer präziseren Ausführung von Abdichtungen, soll pauschal mit 6.000 Euro angesetzt werden. Für das gewisse Extra an Wärmedämmung inklusive einem Aufpreis für Passivhaus-taugliche Fenster müssen Pi-mal-Daumen 10.000 Euro aufgebracht werden. Der Mehraufwand für eine erweiterte Nutzung regenerativer Energien durch Solarzellen und Solarkollektoren wird mit etwa 9.000 Euro veranschlagt. Hinzu kommen noch etwa 3.000 Euro für die notwendige Anlage zur Wärmerückgewinnung und ein Nachheizregister. Abgezogen werden hiervon ungefähr 10.000 Euro, die von den Müllers für ein herkömmlichen Heizsystem inklusive Leitungen und Heizkörpern nicht mehr bezahlt werden müssen. Macht Summa Summarum einen Mehrpreis von 18.000 Euro für das Passivhaus, was Mehrkosten von 9% verglichen mit dem Gesetzhaus entspricht.

Das muss natürlich finanziert werden. Die Müllers haben dafür die Möglichkeit eine Hypothek über einen Zeitraum von 30 Jahren aufzunehmen. Zinsen und Tilgung betragen hier durch Ausnutzung von Förderprogrammen der Bundesregierung nur 4%. Für das Gesetzhaus wären monatliche Raten von 945 Euro fällig, für das Passivhaus müssten 86 Euro mehr im Monat gezahlt werden, also 1.031 Euro. Damit das Passivhaus sich nun rechnet, müssen diese Mehrkosten durch Energieeinsparungen gedeckt werden können.

Durch lokale Anschlussvorgaben könnten die Müllers ihr Gesetzhaus mit Erdgas beheizen. Keine schlechte Wahl, was die Umwelt angeht, doch sind in diesem Haus bei einem durchschnittlichen Heizenergieverbrauch von 80 kWh pro m² jährlich 14.400 kWh zu bezahlen. Bei einem durchschnittlichen Gaspreis von 6,5 Cent pro kWh entspricht dies 936 Euro. Hinzu kommen noch Ausgaben für Strom. Bei 4 Personen sind dies etwa 4.000 kWh und bei einem Strompreis von 18 Cent pro kWh dann 720 Euro. Macht zusammen 1.656 Euro, die von den Müllers für Energie im Jahr gezahlt werden müssten.

Jetzt diese Rechnung einmal für ein Passivhaus. Hier kann ein Teil des Energieverbrauchs der Familie Müller schon durch die Solartechnik gedeckt werden. Einspeisevergütungen lassen wir hier auf der sicheren Seite liegend außen vor. Der Rest, sagen wir pauschal 1/3 des für ein Passivhaus typischen Heizwärmebedarfs von 15 kWh pro m², muss über elektrische Nachheizung gedeckt werden. Das entspricht 900 kWh oder 162 Euro pro Jahr. Die Ausgaben für den allgemeinen Haushaltsstrom lassen sich durch vernünftig durchdachte Wahl von Haushaltsgeräten sowie Elektro- und Steuerungstechnik (Lampen, Stromsparschienen etc.) im Vergleich zum Gesetzhaus um 40% reduzieren. Für ihren Energieverbrauch im Passivhaus würden die Müllers also 594 Euro im Jahr bezahlen. Auf der Energiesparseite stehen dann 1.062 Euro.

Es müssen für das Passivhaus also 1.062 Euro im (ersten) Jahr weniger Energiekosten beglichen werden als für das Gesetzhaus. Dem gegenüber stehen 86 Euro monatlich oder 1.032 Euro jährliche Mehrkosten durch die Finanzierung. Die Müllers zahlen bei den gewählten Randbedingungen für ihr Passivhaus letztendlich also weniger als für das gesetzlich vorgeschriebene und in den Baukosten günstigere Haus.

Der große Nachteil dieser Rechnung ist natürlich die langjährige Wertbindung über 30 Jahre. Niemand weiß bisher, wie viel ein Passivhaus nach 10 oder gar 20 Jahren im Vergleich zu einem billigeren Gesetzhaus wert ist, wenn die Familie Müller eventuell über einen Verkauf nachdenken muss. Entscheidende Pluspunkte kann die Passivhauslösung jedoch sammeln, wenn man auch Stromeinspeisevergütungen und zukünftige Energiepreissteigerungen in der Bilanz berücksichtigt. Als Antwort auf die Frage im Titel des Blogeintrages lässt sich also sagen:

Ja, ein Passivhaus ist wirtschaftlich, aber nur auf lange Sicht.
Doch das wird sich in Zukunft ändern.


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