Über das Thema Mauerwerksbau habe ich erst vor Kurzem geschrieben. Da geht es im Wesentlichen um künstlich hergestellte Mauersteine, die immer die gleiche, schöne Form haben. Es gibt aber auch Mauersteine, die werden der Natur entnommen wie sie sind und vor dem Einbau für eine bessere Passgenauigkeit nur behauen. Damit wird dann sogenanntes Natursteinmauerwerk hergestellt. Naturstein ist einer der ältesten und langlebigsten Baustoffe im Bauwesen. Die ältesten Wände aus Natursteinen sind schon 8000 Jahre alt. Oft findet man diese Art des Mauerwerks an Fassaden von historischen (oder wenigstens alten) und oft repräsentativen Gebäuden.
Die Steine, die für Natursteinmauerwerk verwendet werden, waren normalerweise lokal verfügbar, da der Transport sich oft als teuer und aufwändig darstellte. Granit, Basalt, Kalkstein oder Sandstein wurden mit abnehmender Härte – oder abnehmendem Preis – vornehmlich eingebaut. Oder es wurde auf den Feldern aufgesammelte Steine einfach zu Begrenzungsmauern aufgestapelt, wie schon in Irland vor 5000 Jahren geschehen. Ein wenig anspruchsvoller waren zur etwa gleichen Zeit schon die Ägypter, die behauene Natursteine sogar zum Bau ihrer Pyramiden verwendeten. Die bekanntesten Natursteinmauern sind wohl die Chinesische Mauer mit einer Gesamtlänge von über 7000 Kilometern und die Klagemauer in Jerusalem.
Eine nur aus Natursteinen bestehende Wand wird als Massivmauerwerk bezeichnet. Als Verblendmauerwerk gelten hingegen solche Konstruktionsschichten, bei denen nur die vorderste Schicht einer mehrschaligen Wand in Naturstein ausgeführt ist. Interessant sind auch die unterschiedlichen Arten, aus denen ein Natursteinmauerwerk zusammengesetzt werden kann. Dabei kann man diese Mauerwerksarten unterscheiden:
- Trockenmauerwerk
ohne Mörtel, Hohlräume zwischen größeren Steinen werden mit kleineren Steinen oder Erde gefüllt, geringe Stabilität, Sichtfläche ist meist leicht nach hinten geneigt - Bruchsteinmauerwerk
Prinzip ähnlich wie beim Trockenmauerwerk, aber die unregelmäßig geformten Fugen werden hier mit Mörtel ausgefüllt, verwendete Steine werden meist bearbeitet bis sie zwei oder mehr parallele Seiten haben - Schichtenmauerwerk
das etwas feinere Bruchsteinmauerwerk, bei dem schon im Verband gemauert wird, mit rechtwinkligen Steinen aber unterschiedlicher Schichthöhe und verschieden bearbeiteten Sichtflächen - Quadermauerwerk
hier werden quaderförmige Natursteine maßgerecht von allen Seiten und wandtief bearbeitet, mit reihenweise gleichmäßigen Schichthöhen über die gesamte Wandlänge - Zyklopenmauerwerk
vorwiegend im Mittelmeerbereich und schon im alten Südamerika anzutreffen, mit unregelmäßig polygonal geformten aber dicht gesetzten Natursteinen, bietet ein netzartiges Fugenbild - Gabionen
auch Steinkorbmauern genannt, bei denen beliebige Natursteine und Materialien in verzinkte Drahtkörbe gelegt werden; wirtschaftlich, schnell und in der heutigen Zeit mit einer interessanten Architektur
Wer nun aber glaubt, dass Natursteinmauerwerk nur einfach so zusammengestapelt und vermauert werden kann, der täuscht sich. Auch bei der Errichtung von Natursteinmauerwerk sind Vorschriften, wie in DIN 1053-1 oder in DIN 18332 für Naturstein enthalten, zur Steintechnik und zur Gestaltung der Maueransicht einzuhalten. Alles andere wäre auch wenig deutsch. Darüber hinaus müssen Natursteinmauerwerk und nicht zuletzt die Fundamente unter Natursteinmauerwerk zur Wahrung der Standsicherheit regelmäßig bautechnisch kontrolliert werden.
Das Problem von Natursteinen ist trotz aller Druckfestigkeit die Verwitterung, die durch Witterungs- und Umweltbelastungen hervorgerufen wird. Hier stellt insbesondere der Einsatz von Streusalz im Winter eine ernstzunehmende Gefährdung von Natursteinoberflächen dar. Zudem verfärben sich die Oberflächen von Natursteinen im Laufe der Jahre durch dein Einfluss von Staubpartikeln in der Luft oder durch den Bewuchs durch Moose oder Algen.
Will man Schäden wie Absandungen, Absprengungen, Ausblühungen oder Rissbildungen beseitigen, muss eine Sanierungsmethode entsprechend entsprechend dem verwendeten Baustoff gewählt werden. Das beginnt bei der Reinigung der Fassade, setzt sich mit dem Ausbessern von Fugen fort und endet im Ersatz beschädigter Steine oder in der Hydrophobierung der Steine. Insbesondere der Denkmalschutz kann hier Forderungen stellen, um das Erscheinungsbild eines Natursteinmauerwerks zu bewahren. Wichtig ist hierbei unter anderem, dass das Fugenmaterial weicher als der Mauerstein sein soll, damit sich nicht der Stein zuerst abnutzt. Fugen sollten alle 5 bis 10 Jahre überprüft und gegebenenfalls ausgebessert werden.
Gereinigt werden können Verschmutzungen von Natursteinmauerwerk mit einem trockenen oder feuchten Sandstrahl. Ein Kompressor erzeugt dabei den Druck, durch den Sand, Hochofenschlacke oder ein Granulat aus Glas- bzw. Kunststoff rotierend auf die Steinoberfläche geblasen wird. Um weiche und poröse Steinoberflächen nicht zu schädigen, muss ein besonders feines Strahlgut mit geringem Druck auf die Oberfläche geblasen werden. Das trockene Verfahren hat dem feuchten Verfahren gegenüber den Nachteil, dass sehr viel Staub entsteht. Beim feuchten Verfahren wird dem Strahlgut Wasser zugemischt und die Stabbelastung um 95% vermindert.
Ein großer Pluspunkt für Natursteinmauerwerk ist seine… Natürlichkeit. Die Fugen zwischen den Natursteinen bieten nämlich reichlich Platz für die heimische Flora und Fauna in einer städtischen Umgebung. Bis es zu einem optimalen Bezug durch Tier und Pflanze kommt, gehen aber oft 100 und mehr Jahre ins Land. Schon dies alleine ist ein guter Grund für die Erhaltung und schonende Ausbesserung von Natursteinmauern – aber dann bitte Kalkmörtel statt Zementmörtel zum Verfugen werwenden. Wichtig ist allerdings auch, dass man junge Bäume rechtzeitig entfernt, da deren Wurzeln das Mauergefüge sprengen können. Pflanzen wie die Mauerraute, bestimmte Farne, Zimbelkraut oder auch Fetthennen in Erdablagerungen auf der Mauerkrone schaden hingegen genauso wenig wie Schnecken, Ameisen, Bienen, Reptilien oder Nattern.
Die Kosten für die Errichtung von Natursteinmauerwerk sind allerdings nicht zu verachten. Da liegt nicht so an den Materialkosten, sondern vielmehr am Arbeitsaufwand, die richtigen Steinform für die richtige Position in einer Mauer zu finden. So kann es bei Quadermauerwerk dazu kommen, dass das Tagewerk eines Maurers schon nach einem Quadratmeter beendet ist. Bruchsteinmauern sind natürlich schneller zu errichten.
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