Schwankungen von Energiepreisen und Zinsen, regionale Unterschiede bei Modernisierungskosten, unzureichende Informationen zur Bausubstanz – dies und noch einige andere Parameter beeinflussen die Bestimmung der Wirtschaftlichkeit energetischer Modernisierungsmaßnahmen. Es ist also keine Überraschung, wenn derartige Berechnungen nur selten die Realität widerspiegeln und in der Öffentlichkeit zum Teil heftig über den Sinn solcher Maßnahmen diskutiert wird. Das Forschungsinstitut für Wärmeschutz München (FIW) hat daher im Auftrag des Gesamtverbandes Dämmstoffindustrie (GDI) einen neuen Ansatz erarbeitet, um Modernisierungskosten besser mit möglichen Einsparungen vergleichen zu können.
Es ist ungemein schwierig, zu einer allgemeingültigen Wirtschaftlichkeitsaussage zu kommen. Wie gesagt steht man als Planer häufig vor einem Haufen von Unbekannten, die man so zusammenfassen soll, dass dem Kunden ein sinnvolles Bild einer möglichen Finanzierung einer Baumaßnahme dargelegt werden kann. Als entscheidendes Ergebnis wird hier (leider zu häufig) die Amortisationszeit angesehen. Diese, in Jahren angegeben und wenn möglich noch mit Nachkommastelle, gibt dem unbedarften Empfänger der Berechnungen aber ein falsches Gefühl der Sicherheit und brachte dem System in den letzten Jahren mehr als einmal Kritik ein.
Man kann genaue Angaben über den ökonomischen Sinn von Modernisierungsmaßnahmen nur machen, wenn die Eingabedaten bekannt und belastbar sind. Da diese jedoch nur in den seltensten Fällen mit einem vernünftigem finanziellen Aufwand zu ermitteln sind, geht das FIW einen anderen Weg. Berechnung werden nicht mehr mit durchschnittlichen und abgeschätzten Randbedingungen durchgeführt, sondern basieren auf statistischer Variation von Eingabedaten. Zudem werden Ergebnisbandbreiten und die Zuverlässigkeit rechnerischer Prognosen angegeben, um Streuungen angemessen berücksichtigen zu können.
Nicht zuletzt führt man den Begriff des Mehrkosten-Nutzen-Verhältnis als Verhältnis der energiebedingten Mehrkosten infolge eines verbesserten Wärmeschutzes zur jährlichen Heizenergieeinsparung ein. Es gilt: Je kleiner das Mehrkosten-Nutzen-Verhältnis, desto effektiver beziehungsweise wirtschaftlicher ist eine energetische Modernisierungsmaßnahme.
Folgt man dem stochastischen Ansatz des FIW, so amortisiert sich die energetische Sanierung einer Außenwand mit einem Wärmedämmverbundsystem (WDVS) (U-Wert alt 1,4 W/(m²·K), U-Wert saniert 0,24 W/(m²·K)) mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% innerhalb eines Zeitraumes von 4 bis 10 Jahren, wobei der Mittelwert bei knapp 6 Jahren liegt. Die Vollkosten werden mit 120 €/m² und der energiebedingte Anteil mit 47 €/m² angesetzt, woraus sich ein Mehrkosten-Nutzen-Verhältnis von 0,67 €/(kWh·a) errechnen lässt. Über den deterministischen Ansatz hätte man in diesem Fall von einer Amortisation nach 7,3 Jahren ausgehen müssen.
Will man die nachträgliche Dämmung eines Steildaches von außen (zwischen oder auf den Sparren) mit der neuen Methode bewerten, so muss man bei einer Verbesserung des U-Wertes von 0,9 W/(m²·K) auf aktuell geforderte 0,24 W/(m²·K) mit einer Amortisationszeit zwischen 6 und 16 Jahren rechnen. Der Mittelwert liegt hier bei knapp 10 Jahren.
Unabhängig vom Bauteil kann man mit dieser Methode offensichtlich auch die Amortisationszeit einer Modernisierungsmaßnahme mit 95%-iger Wahrscheinlichkeit auf Basis des Mehrkosten-Nutzen-Verhältnis abschätzen:
Mehrkosten- Nutzen-Verhältnis [€/(kWh·a)] |
Mittelwert [a] |
Minimalwert [a] |
Maximalwert [a] |
0,25 | 2,0 | 1,7 | 3,5 |
0,50 | 4,1 | 3,2 | 6,9 |
1,00 | 7,9 | 5,6 | 12,5 |
1,50 | 11,2 | 8,2 | 17,6 |
2,00 | 14,3 | 10,4 | 22,5 |
2,50 | 12,4 | 17,1 | 27,4 |
Diese Abschätzung gilt allerdings nur unter Einhaltung einiger Randbedingungen:
- Berechnungsgenauigkeit für energetische Einsparung ±20%
- Realzins 0 bis 3%
- Ausgangsenergiepreis 0,06 bis 0,16 €/kWh
- Jährliche Energiepreissteigerung 2,5 bis 7,5%
Doch selbst wenn diese neue Bewertungsmethode den öffentlichen Diskussionen über Sinn und Unsinn energetischer Sanierungen ein wenig den Wind aus den Segeln nehmen kann, gibt es noch eine Menge zu tun – denn der wichtigste Faktor bleibt leider auch hier unberücksichtigt: der Bewohner.
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