Der 1. Januar 2016 rückt näher und somit auch eine Pflicht, die Gebäudebesitzern durch die aktuell gültige Energieeinsparverordnung (EnEV) von 2014 auferlegt wurde: die oberste Geschossdecke muss bis zum Jahresende gedämmt sein. Sonst droht die Zahlung eines Bußgelds mit einer Höchstgrenze von 50.000 Euro. Das klingt erst einmal dramatisch (wird es im Ernstfall auch sein), doch Überschriften übertreiben gerne ein wenig. Die Pflicht ist keine generelle, es gibt haufenweise Ausnahmen. Zudem wird auch die Kontrolle der Einhaltung dieser Verpflichtung nur schwer durchzuführen sein. Aber im einzelnen…
§10 der Energieeinsparverordnung (EnEV), die am 1. Mai 2014 in Kraft getreten ist, sagt folgendes zum Thema:
Eigentümer von Wohngebäuden sowie von Nichtwohngebäuden, die nach ihrer Zweckbestimmung jährlich mindestens vier Monate und auf Innentemperaturen von mindestens 19 Grad Celsius beheizt werden, müssen dafür sorgen, dass zugängliche Decken beheizter Räume zum unbeheizten Dachraum (oberste Geschossdecken), die nicht die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2: 2013-02 erfüllen, nach dem 31. Dezember 2015 so gedämmt sind, dass der Wärmedurchgangskoeffizient der obersten Geschossdecke 0,24 Watt/(m²K) nicht überschreitet. Die Pflicht nach Satz 1 gilt als erfüllt, wenn anstelle der obersten Geschossdecke das darüberliegende Dach entsprechend gedämmt ist oder den Anforderungen an den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2: 2013-02 genügt. Bei Maßnahmen zur Dämmung nach den Sätzen 1 und 2 in Deckenzwischenräumen oder Sparrenzwischenräumen ist Anlage 3 Nummer 4 Satz 4 und 6 entsprechend anzuwenden.
Diesen Kettensatz etwas verständlicher aufgearbeitet, gilt die Dämmpflicht also nur für Objekte und Besitzer, bei denen die folgenden Annahmen zutreffen – gleichzeitig:
- das Gebäude wird jährlich mindestens vier Monate beheizt
- die Innentemperatur im Gebäude beträgt mindestens 19°C
- der Dachraum ist unbeheizt
- die oberste Geschossdecke muss zugänglich sein
- die Decke bzw. das Dach darüber erfüllt nicht den Mindestwärmeschutz (R < 1,2 m²K/W, DIN 4108-2)
- die mögliche Einsparung rechtfertigt die Investition
- der Besitzer wohnt in dem Gebäude mit maximal 2 Wohneinheiten erst seit dem 1. Februar 2002 oder es hat mehr als zwei Wohneinheiten
Die gedämmte Decke darf nach der energetischen Sanierung einen U-Wert von höchstens 0,24 W/(m²K) aufweisen. Alternativ darf aber auch das Dach über dem unbeheizten Dachraum entsprechend gedämmt werden. Hier sollte man sich überlegen, was sinnvoller ist und ob man eventuell den Dachraum in absehbarer Zeit nutzbar bzw. bewohnbar machen möchte.
Interpretationsbedarf kann man an dieser Stelle beim Begriff „zugänglich“ sehen. Dieser wird durch eine Definition der ‚Arbeitsgruppe EnEV‘, die 2002 von der Bauministerkonferenz der Länder eingesetzt wurde, spezifiziert:
„Zugänglich“ ist die obere Geschossdecke, wenn sie zwar nicht begehbar, jedoch für Nachrüstarbeiten zugänglich ist.
Der letzte Satz in §10 EnEV spielt auf die technischen Möglichkeiten an, die sich dem dämmwilligen Gebäudebesitzer im Einzelfall bieten – oder auch nicht. In Anlage 3, Nummer 4 zu EnEV werden Ausnahmen für Decken oder Dächer geregelt, deren Balken- und Sparrenzwischenräume keine ausreichende Höhe zum Erreichen des maximalen U-Wertes haben. In solchen Fällen ist das Bauteil ausreichend gedämmt, wenn die Zwischenräume so gut wie technisch möglich mit einem Dämmstoff der Wärmeleitfähigkeit von maximal 0,035 W/(m·K) gefüllt sind. Für Einblasdämmung und Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen gilt eine Grenze von 0,045 W/(m·K).
Interessant ist auch der Punkt der Aufklärung zur Nachrüstungspflicht. Nicht jeder Hauseigentümer oder Hobbyvermieter hat schließlich alle geltenden Vorschriften gelesen oder kann sie auf seine Situation beziehen. Hier müssen Profis aushelfen. Hausverwalter und Immobilienmakler gehören sicherlich dazu und sollten dem Laien die notwendigen Informationen zukommen lassen können.
Vermieter müssen ihre Mieter nicht aufklären, sie müssen nur über die anstehende Modernisierung informieren. Und sie dürfen die Miete entsprechend anheben, da es sich bei dieser Art der Nachrüstung um eine Modernisierung handelt. Der Mieter selber hat wenig Mitspracherecht. Er darf den Vermieter allerdings darauf aufmerksam machen, dass seine Wohnung nicht zu viel Energie verbrauchen darf und damit auch die oberste Geschossdecke hinreichend gedämmt sein muss.
Die Möglichkeiten des Staates, die Einhaltung der in der EnEV 2014 verankerten Nachrüstungspflichten zu kontrollieren, sind jedoch begrenzt, gerade bei der obersten Geschossdecke. Zwar wurde der zuständigen Baubehörde diese Kontrollfunktion übergeben, doch in Anbetracht der personellen Situation werden hier nur stichprobenartige Kontrollen möglich sein. Solange keine offiziellen Bauabnahmen durchgeführt werden, ist das Risiko eines Bußgeldes für den säumigen Dämmer daher eher als gering anzusehen.
Für viele Hausbesitzer sind das sicherlich ziemlich unüberschaubare Punkte. Ich habe aber eine Infografik zur Dämmpflicht gefunden, die die wichtigsten Aspekte in sehr übersichtlicher und anschaulicher Form zusammenfasst. Darüber hinaus könnte auch das zugehörige Interview mit Alexander Wiech, Kommunikationsleiter beim Eigentümerverband Haus & Grund, von Interesse sein.
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