Ein Dämmputz mit Aerogel-Zuschlag – warum ist da vorher eigentlich noch keiner drauf gekommen? Naja, es gab in den letzten Jahren immer mal wieder Bestrebungen und Versuche seitens findiger Tüftler und geschäftstüchtiger Firmen, diese Kombination von Witterungsschutz und Dämmwert in einem marktfähigen Produkt zu integrieren. Dabei sollte doch gerade der Bedarf an Dämmputzen mit niedriger Wärmeleitfähigkeit bei der Qualität der Konkurrenz auf diesem Gebiet ein marktwirtschaftliches Muss sein. Trotzdem sind solche Produkte bisher nicht auf dem Markt erhältlich.
Dämmputze haben im Vergleich zu Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) den Vorteil, dass sie sich leichter an eine vorhandene Außenwandkontur anpassen lassen, ohne dass die Optik der Fassade bei einer herkömmlichen Dämmung von außen gestört wird. Und gerade bei verwinkelten Geometrien, bei Rundungen oder in Ecken können flächig anzubringende Dämmstoffe schnell an ihre Grenzen stoßen. Nachteilig wirkt sich jedoch die hohe Wärmeleitfähigkeit konventioneller Dämmputze aus. Diese liegt meist irgendwo zwischen 70 und 90 mW/(mK) und um einen Faktor 2 bis 3 über dem, was mit Dämmstoffplatten aus Polystyrol, Mineralwolle oder ähnlichem möglich ist.
Vor ein paar Jahren hatte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Betonsteine mit Aerogelen entwickelt. Vor nicht ganz so langer Zeit hat auch Sto sich in Zusammenarbeit mit Cabot an der Entwicklung eines Aerogel-Dämmputzes versucht, diese Ambitionen aber aus verschiedenen Gründen wieder fallen gelassen. Und auch in der Schweiz gibt es etliche Projekte in diese Richtung. Am Competence Center Energy and Mobility (CCEM) werden im Projekt ‚Sustainable Renovation of Historical Buildings (SuRHiB)‘ technische Möglichkeiten zur Produktion hochdämmender Leichtputze mit Aerogel untersucht.
An der EMPA in der Schweiz wurden nun erste Versuche im Maßstab 1:1 mit Mischungen aus Aerogel und Zement durchgeführt. Die Schwierigkeit bestand bisher darin, die geringe Formstabilität des Aerogels über vorsichtig zusammengemischte Laborproben zu berücksichtigen. Die Aerogel-Partikel müssen natürlich auch beim maschinellen Aufbringen des Dämmputzes an einer Baustelle ihre Form behalten und dürfen in der Putzmatrix nicht zerbröseln. Gelungen ist dies durch den Einsatz von Trockenputzmischungen, die speziell auf die mechanischen Eigenschaften des Aerogels abgestimmt sind. Eine Markteinführung für dieses noch zu patentierende Produkt, das in Zusammenarbeit mit der Firma Fixit entsteht und eine Wärmeleitfähigkeit unter 30 mW/(mK) aufweisen soll, ist für 2013 geplant.
Auf dem EMPA-Gelände in Dübendorf wurde der neu entwickelte Wärmedämmputz nun in einem Fachwerkhaus aufgebracht. Als Test für den Ernstfall von Innendämmsystemen gelten speziell diese Konstruktionen mit Holzbalken als organischem Material, dass von außen der Witterung ausgesetzt ist und von innen gedämmt wird. Für den neuen Putzes spricht, dass er wasserdampfdurchlässig und wasserabweisend zugleich ist. So kann deutlich mehr Wasserdampf durch die Wand gelangen als bei herkömmlichem Putz, ohne dass er feucht wird. Dabei hilft die poröse Struktur des Aerogels, die zwar für Wassermoleküle durchlässig ist, für makroskopische Wassertropfen jedoch viel zu fein.
Als verarbeitungstechnisch aufwändig lässt sich hingegen das Aufbringen einer zweiten Putzschicht mit einem gewebearmierten Einbettmörtel einstufen. Diese Schicht wird notwendig, um den relativ weichen Aerogel-Dämmputz gegen mechanische Einwirkungen zu schützen. Zudem könnte der hohe Preis von Aerogel zum einer Herausforderungen werden. Die Entwickler rechnen mit Mehrkosten von 40 bis 80 Euro pro Quadratmeter, wenn man den neuen Dämmputz mit einem herkömmlichen System vergleicht.
Update: Ein wenig später als angekündigt hat Fixit nun den Dämmputz Fixit 222 für die Anwendung im Innen- und Außenbereich vorgestellt. Er besteht aus einer Mischung aus natürlichem hydraulischen Kalk, Luftkalk, Weißzement, Aerogelgranulat und einem weiteren Leichtzuschlag. Die Wärmeleitfähigkeit liegt bei 0,028 W/(m·K) (Nennwert!) und es können Putzdicken zwischen 30 und 150 mm aufgebracht werden. In Deutschland wird das Produkt von der Fixit-Tochter Hasit vertrieben.
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