Ein einflussreiche Handelszone wie die Europäische Union hat ganz sicher ihre wirtschaftlichen Vorteile. Das gilt insbesondere, wenn es darum geht, lukrative Handelsabkommen abzuschließen oder heimische Firmen und damit Arbeitsplätze durch die Erhebung von Zoll auf bestimmte Waren zu schützen. Letzteres beabsichtigt die EU-Kommission nun zum Schutz europäischer Solarzellenhersteller zu tun, denn chinesische Solarzellen sind seit Jahren zu Dumpingpreisen in der EU erhältlich.
47 Prozent – das ist die Höhe des Zolls, den die EU-Verantwortlichen bis zum 5. Juni auf den Import chinesischer Solarzellen erheben wollen. In Anbetracht der Tatsache, dass die chinesische Regierung die Produktion von Solarzellen im eigenen Land mit staatlichen Geldern (nicht allzu knapp) fördert und so europäische Wettbewerber der Reihe nach aus dem Markt drängt, ist diese Entscheidung schon nachzuvollziehen. Immerhin produziert China alleine heute mehr Solarzellen als der gesamte Weltmarkt abnehmen könnte/würde.
Doch noch einmal: 47 Prozent!
Das ist schon eine Hausnummer und auch einer der höchsten Strafzölle, den man bislang für den Import von Waren verlangt hat. Nur zum Vergleich: in den USA erhob man ’nur‘ bis zu 25% Zoll auf chinesische Solarzellen. Nachdem jedoch europäische Produzenten von Solarzellen offiziell Klage wegen Preisdumping eingereicht hatten, begann man in der EU Anfang März damit, die aus China importierten Solarzellen zu registrieren, um die Höhe des Strafzolls in einem realistischen Rahmen festlegen zu können. Und man will diesen Importzoll sogar rückwirkend gelten lassen.
Schön. Damit können die verbleibenden europäischen Produzenten von Solarpanelen bald wieder mehr Geld für ihre Produkte verlangen und Arbeitsplätze können gesichert werden. Nicht so schön ist es hingegen, dass der potentielle Käufer von Solaranlagen in Zukunft pro Kilowatt ein ganzes Stück tiefer in die Tasche greifen muss. Für den Endkunden wird der Preisanstieg sicher keine 47% ausmachen, da die chinesische Regierung ihre Solarbranche noch ein wenig mehr bezuschussen kann. Zudem könnten chinesische Firmen einfach ins Ausland abwandern und dort weiter produzieren. Auch von Südkorea und Taiwan aus kann man Solarzellen mittlerweile zu chinesischen Preisen exportieren.
Ich finde das ganze Hin und Her nur sehr schade für den Ottonormalverbraucher – Investoren und Spekulanten lasse ich hier einmal außen vor. Vor nicht allzu langer Zeit hat die Bundesregierung noch die staatlichen Fördermittel für den Einbau von Solaranlagen über eine Reduzierung der Einspeisevergütung mit der Begründung ziemlich deutlich gekürzt, dass der Kaufpreis von Solaranlagen so weit gefallen war, dass man gegensteuern musste. Das war vor einem knappen Jahr. Jetzt fängt man auf europäischer Ebene an, die Preisschraube wieder nach oben zu drehen.
Ja, was soll ich denn nun davon halten?
Zum einen ist es natürlich korrekt, dass sich die Preise der Produkte aus China in den letzten paar Jahren mehr als halbiert haben. Von da her sind 47% mehr nur eine Korrektur dessen, was die chinesische Regierung in dieser Zeit künstlich geschaffen hat.
Zum anderen ist der Verbraucher, der in naher Zukunft gerne eine Solaranlage installieren wollte, nun total verwirrt und wird wahrscheinlich zunächst keine Investition tätigen. Das wiederum bedeutet aber, dass insbesondere Handwerkern die Aufträge wegbrechen könnten. Doch nicht nur im verarbeitenden Gewerbe werden Arbeitsplätze aufs Spiel gesetzt, auch im produzierenden Gewerbe gilt dies, wenn Hersteller von Gleichrichtern und anderen Komponenten über einen zu senkenden Paketpreis dazu gezwungen werden, ihre Kalkulationen zu ändern.
Hauptsache, die heimischen Solarzellen bleiben erhalten. Wo bleibt denn da bitte die Logik?
Update: Die EU hat beschlossen, dass bereits ab morgen, 6. Juni, vorläufig 11,8% Einfuhrzoll auf Wafer, Solarzellen und Solarmodule aus China erhoben werden sollen. Eine Steigerung auf 47,6% ist bis August möglich, doch erst Anfang Dezember soll eine endgültige Entscheidung über Einfuhrgebühren fallen, die dann für 5 Jahre gültig sind. Laut den Untersuchung der EU-Handelskommission liegen die Preise chinesischer Module, die ohne Staatssubventionen auf dem europäischen Markt eigentlich möglich wären, 88% über den Preisen, die tatsächlich verlangt werden.
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