Die Welt der Holzfaserplatten ist eine Welt für sich. Es gibt wahrscheinlich mehr unterschiedliche Typen dieser Art der Holzwerkstoffe als Bäume im Wald. SB, HFD, MB, MBH, MBL, HFM, HB, MFB, HFH, HFE, KH, MDF, MFB, KB, HDF, LDF, ULDF, DWD, THD, UDP… und Google’s Crawler bekommen sicher einen hysterischen Lachanfall bei der Indizierung dieser Seite. Abkürzungen soweit das Auge reicht. Mal stammen sie aus veralteten Normen, mal aus neuen, mal beschreiben sie Materialeigenschaften, mal stehen sie für Anwendungsgebiete, mal könnten es auch nur firmeneigene Produktkürzel sein. Wie viele Kürzel bekommt man mit 3 Buchstaben eigentlich hin? 17576 – dann ist die Holzindustrie nicht mehr weit davon entfernt. Wie auch immer, vielleicht können wir dem einen oder anderen Leser an dieser Stelle ein wenig weiterhelfen.
Vorweg eine recht gelungene und aussagekräftige Definition des Begriffes Holzfaserplatte, die ursprünglich vom Ökologischen Baustoffinformationssystem Wecobis für Faserplatten in allgemeiner Form verfasst wurde:
Holzaserplatten sind plattenförmige Werkstoffe, die aus faserartigen Holzpartikeln bestehen und mit oder ohne Druck, mit oder ohne Kleb- sowie Zusatzstoffen unter Einwirkung von Wärme hergestellt werden. Die Bindung der Fasern entsteht durch Verfilzung der Fasern und deren inhärenten Verklebungseigenschaften als auch durch Zugabe von natürlichen und synthetischen Bindemitteln.
Der Rohstoff für die Herstellung von Holzfaserplatten ist in der Regel Nadelholz, Laubholz wird nur sehr selten eingesetzt. Für die Herstellung wird Holz zu Hackschnitzeln zerkleinert, die danach unter 170°C warmen Wasserdampf erweicht und mechanisch zu Holzfasern aufgelöst werden. Werden Bindemittel für den Zusammenhalt der Holzfasern verwendet (meist Kunstharzklebstoffe), spricht man von der Herstellung im Trockenverfahren. Kommt man ohne Bindemittel aus, werden die Holzfasern im Nassverfahren bei einer Holzfeuchte von mehr als 20% durch die materialeigenen Bindemittel verklebt. Wegen ihrer Homogenität weisen sie in Plattenebene in allen Richtungen gleichartige Festigkeiten sowie ähnliches Quell- und Schwindverhalten auf. Dichtere Oberflächen können durch den Einsatz von Schichten feineren Materials auf den Außenseite erzielt werden. Teilweise werden Holzfaserplatten auch Insektizide, Fungizide und feuerhemmende Mittel beigemischt, um weitere Anwendungsgebiete zu erschließen.
Entsprechend DIN EN 622 werden Holzfaserplatten nach ihrer Rohdichte unterteilt:
- über 900 kg/m³ – harte Faserplatten (HB (hard board), alte Bezeichnung: HFH)
- 400 bis 900 kg/m³ – mittelharte Faserplatten (MB (medium board), MBH, MBL, alte Bezeichnung: HFM)
- bis 400 kg/m³ – poröse Faserplatten (SB (soft board), alte Bezeichnung: Weichfaser-Dämmplatte)
Hinzu kommen noch Platten, die nach Trockenverfahren hergestellt wurden. Das sind dann zumeist mitteldichte Faserplatten, die mit dem Kürzel MDF (medium density fibreboard) gekennzeichnet werden und eine Dichte zwischen 650 und 800 kg/m³.
Eine weitere Klassifizierung wird nach der Widerstandsfähigkeit der Platten gegen Feuchtigkeit und der statischen Belastbarkeit vorgenommen. Das Kürzel ‚MDF.HLS‘ steht dann für eine mitteldichte Faserplatte, die kurzzeitig (S = short) statisch belastbar (L = load) ist und im Feuchtbereich (H = humid) angewendet werden kann. Der Buchstabe ‚E‘ gibt darüber hinaus, dass eine Holzfaserplatte im Außenbereich eingesetzt werden darf, der Buchstabe ‚A‘ erweitert die statischen Anwendbarkeit auf dauerhafte Belastungen.
Die Anwendungsgebiete von Holzwerkstoffplatten sind vielfältig. Das gibt es zum einen die porösen Holzfaserplatten mit einer geringen Dichte (SB) und geringen Festigkeiten, die häufig als Wärmedämmstoff oder Schalldämmung eingesetzt werden. Vor ein paar Jahren hatten diese Dämmplatten noch einen Anteil von knapp 28% am Gesamtmarkt der Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, wobei ihr Anteil an allen eingesetzten Dämmstoffen mit etwa 4% recht gering war. Diese Zahlen dürften aber heute ein wenig nach oben zu korrigieren sein. Holzfaserdämmplatten können in Dicken zwischen 3 und 32 mm (Nassverfahren) sowie zwischen 20 und 240 mm (Trockenverfahren) hergestellt werden. Sie sind für den Einsatz als Unterdeckplatten auch mit Bitumen oder Latex hydrophobiert erhältlich. Sie besitzen eine Reihe von Umweltgütezeichen, wie z.B. den Blauen Engel, das EU-Umweltzeichen, der Gütezeichen der RAL, das natureplus-Qualitätszeichen oder das FSC-Siegel.
Mitteldichte Faserplatten (MDF) haben eine sehr homogene Struktur, die man leicht sägen und bohren kann und deren Kanten leicht zu profilieren sind. Die glatte Plattenoberfläche ist gut zu lackieren bzw. zu strukturieren. Ihr Haupteinsatzbereich liegt in der Nutzung als Tragschicht in Laminatböden. Gegenüber den häufig eingesetzten Spanplatten haben MDF-Platten besonders im Möbelbau (Schrankfronten), im Ladenbau und im Lautsprecherbau Marktanteile gewonnen. Die sehr flexible Dicke von 1,5 mm bis 60 mm ist sicher einer der Hauptgründe dafür. Jedoch muss man darauf achten, dass MDF-Platten unter dem Einfluss von UV-Strahlung ausbleichen sowie sehr empfindlich gegen Fett, Schmutz und Flüssigkeiten sind, wenn keine Oberflächenbehandlung ausgeführt wurde. Für MDF-Platten wurden ähnliche Umweltgütezeichen ausgestellt wie für Holzfaserdämmplatten.
Harte Faserplatten, die man ebenfalls leicht beschichten, prägen oder lackieren kann, werden oftmals im Fahrzeugbau, in der Türen- und Möbelindustrie, in der Verpackungsindustrie, im Fertighausbau und als Schalung im Betonbau verwendet. Jeder, der schon einen Schrank selber zusammengebaut hat, wird sich an die Holzplatten für die Rückseite des Schrankes erinnern, dass die lackierte Vorderseite ganz glatt ist und sich auf der hinteren Seite eine merkwürdig aufgeraute Struktur befindet. Letztere stammt von den Sieben, durch die das Wasser bei der Produktion auf der Unterseite herausgepresst wird. Diese Platten sind in der Regel in Dicken zwischen 1,5 mm und 8 mm erhältlich, bei einer typischen Breite von 1,25 m und einer ebensolchen Länge von 2,5 m.
Mittelharte Platten, deren Rohdichte zwischen 330 bis 650 kg/m³ liegt, dürfen beim Einsatz in Wand- und Dachtafeln gemäß DIN 1052 nur zur Knick- oder Kippaussteifung der tragenden Bauteile und als Beplankung zur Aufnahme von Windlasten eingesetzt werden. Sie dürfen generell nicht als anderweitig lastabtragend berücksichtigt werden. Harte Holzfaserplatten haben den Vorteil, dass sie für einen Einsatz bis zu einem Radius von etwa 25 cm gebogen werden können.
Im Sinne von Umwelt und Gesundheit kann es zu Herausforderungen bei Platten kommen, die im Trockenverfahren mit Bindemitteln hergestellt wurden. Zum einen muss für die Herstellung im Trockenverfahren recht viel Energie aufgebracht werden, zum anderen werden häufig Harnstoff-Formaldehydharze (UF) oder Phenolformaldehydharze (PF) als Bindemittel verwendet, die bei großflächiger Anwendung der Platten zu einer erhöhten Konzentrationen von Schadstoffen im Innenraum führen können. Generell gilt dabei, dass ein geringerer Einsatz von Bindemitteln eine günstigere ökologische Gesamtbilanz mit sich führt. Kaum Probleme gibt es, wenn im Nassverfahren holzeigene Bindemittel wie Harze oder Lignine genutzt werden.
Im Ladenbau sehr beliebt! Sehr guter Beitrag!