Fenster bestehen aus ein paar Glasscheiben, einem Rahmen und ein paar Metallteilen. Und Fenster sind ein Witterungsschutz, mit dem man Tageslicht in ein Haus bekommt und gleichzeitg rausschauen kann. Das ist das, was ein normalsterblicher Hausbesitzer in einem Fenster sieht. Leider müssen Fenster aber auch irgendwann einmal eingebaut und eventuell auch wieder ausgebaut werden. Sollte dies im Rahmen der Sanierung eines Altbaus geschehen, kann der Bewohner mit Dreck, Lärm und Komforteinbußen rechnen. Oder er muss zeitweilig umziehen. Vorgefertigte Fensterelemente können hier Abhilfe schaffen.
Grundsätzlich müssen Bauprodukte – wie zum Beispiel Fenster – heute ein wenig mehr können als nur praktisch zu sein und eventuell schön auszusehen. Rationell, multi-funktionell, ästhetisch, energiesparend, kostengünstig und doch benutzerfreundlich. 6 Attribute, die mehr oder weniger die Anforderungen decken, die ein Produzent in die Entwicklung eines Bauproduktes einfließen lassen muss, um auf dem Markt bestehen zu können. 08/15 kann jeder produzieren, doch der Kunde (sprich: Architekt, Handwerker, Bauherr, Nutzer) will einen Zusatznutzen. Added value, wie es so schön heißt.
Für den Kunden, dessen Fassade saniert wird, während er in seinem Haus wohnt, kann dieser Zusatznutzen sehr wichtig werden. Denn im Unterschied zum Anbringen von Wärmedämmung auf der Außenseite einer Fassade, ergibt sich beim Einbau neuer Fenster im Sanierungsfall bzw. bei einer Modernisierung der Gebäudehülle ein wesentliches Problem: Man durchbricht beim Entfernen der alten Fenster die ‚Schutzschicht‘ zum bewohnten Raum. Geht man nicht den kostspieligen Weg einer temporären Umsiedlung, wird der Bewohner direkt mit den Konsequenzen der Arbeit wie Dreck und Lärm konfrontiert. Und das gilt es natürlich zu vermeiden.
Mit dieser Problematik hat sich auch das Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) beschäftigt. Optimierung der Renovierungsabläufe ist hier das Stichwort. Nerviger Lärm, unerwünschter Schmutz und kalte Außenluft sollen für den Bewohner der Vergangenheit angehören. Bei Anwendung des Sanierungskonzeptes vom IBP können einige der bisher notwendigen Arbeitsschritte beim Austausch von Fenstern entfallen und die Bauphase verkürzt sich.
Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) sind vorgefertigte und multifunktionale Fensterelemente entwickelt worden. Ausgangspunkt hierfür war die aufwändige Sanierung von Gebäuden, die oftmals durch eine Heerschar von Handwerkern unterschiedlichster Gewerke ausgeführt werden muss: Maler, Fensterbauer, Heizungsinstallateur, Elektriker, Klempner und und und. Um hier Wartezeiten für den Kunden und nicht abgestimmte oder fehlerhafte Arbeiten zu vermeiden, versuchte das IBP, viele für eine Reduktion des Energieverbrauchs notwendigen technischen Komponenten in einem Fensterelement zu integrieren.
Dieses Element enthält neben der üblichen Verglasung und einer Zarge dann auch eine herausnehmbare Technikeinheit und einen gedämmten Rand, der sich nahezu nahtlos in ein Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) oder eine Holzrahmenkonstruktion integrieren lässt. Da das Modul selbsttragend ist, kann es bei der Sanierung eines Gebäudes mit seinem Dämmrand von außen leicht in eine vorhandene Fensteröffnung geschoben werden. Die Entwickler sehen die Stabilität des Fensterelementes darüber hinaus als Vorteil für die Integration von Solarkollektoren und Photovoltaikmodulen.
Die Technikeinheit unter der Fensterbank kann einen Wärmetauscher, dezentrale Heizungsmikropumpen oder Lüftungsfilter sowie Stromanschlüsse oder Internetkabel beherbergen. Die Versorgung der Technikeinheit mit Strom und Wasser erfolgt unter dem Dämmstoff auf der Fassade. So entfällt das Verlegen von Kabeln und Rohren innerhalb von bewohntem Raum. Wartung und Reparaturen des Fensterelementes und seiner Technikkomponenten erfolgen über die Fensterbank, die sich wie eine Revisionsklappe öffnen lässt.
Beim IBP sieht man das Haupteinsatzgebiet des vorgefertigten Fensterelementes, von dem es zur Zeit nur Prototypen gibt, in der Sanierung von Mehrfamilienhäuser der Nachkriegszeit. Hier muss neben der Fassade häufig auch die Gebäudetechnik modernisiert werden, wobei das multifunktionale Fenstermodul seine Stärken ausspielen kann. Prinzipiell kann man es aber auch in vielen anderen Bestandsgebäuden einsetzen. Der nächste Schritt der Entwicklung ist damit auch der Einbau und Test in einem sanierungsbedürftigen Wohngebäude.
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