Wie es vielleicht schon ein paar Mal hier angeklungen ist, habe ich so meine Probleme mit falsch verstandener Nachhaltigkeit im Bauwesen. Ressourcen sollten geschont, wenig Energie eingesetzt, der soziale Wandel berücksichtigt und Wiederverwertbarkeit gesichert werden. Das alles steht so weit außer Frage, genauso wenig wie Sicherheit des Gebäudes. Doch genau dieser Zusammenhang wurde letzten Freitag bei einem Feuer an der University of Nottingham gründlich ad absurdum geführt. Hier brannte das im Bau befindliche Laboratory for Sustainable Chemistry – geplant als CO2-neutrales Gebäude – bis auf die Grundmauer nieder. Wie nachhaltig ist das denn bitte schön?
Das Gebäude in Nottingham ist dabei leider bei weitem kein Einzelfall, es ist nur ein besonders zynischer Fall. Denn wie sonst soll man es nennen, wenn ein Gebäude, das aus umweltfreundlichen, nachhaltigen und natürlichen Baustoffen wie Holz errichtet wird und zudem noch als über die Lebensdauer CO2-neutrales Gebäude geplant wurde, unter einer dicken Rauchwolke abbrennt?
Unglück? Nein. Ich werde vielmehr das Gefühl nicht los, das die Planung in manchen Fällen über das Ziel hinaus schießt. Denn immer wieder tauchen Meldungen auf, wonach man davon ausgehen muss, dass die Nachhaltigkeit von Gebäuden auf Kosten des Brandschutzes promoviert wird. Es wird schon nichts passieren. Die Publicity, die man mit einem guten BREEAM-Rating erreichen kann, ist eben aktuell weitaus besser als die eines schlichten ‚REI90′ und kann nur noch getoppt werden durch ein… Feuer. DAS ist zynisch.
Ein ’schönes‘ Beispiel hierfür ist ein Fall in den USA vom letzten Jahr. Dort konnte sich ein Feuer von der Sprinkleranlage völlig unbehelligt durch die Dämmung aus wiederverwerteten aber bestimmt nicht unbrennbaren Baumwollstoffen in Wänden und Decken fressen und ließ am Ende sogar die auf dem Dach installierte Solaranlage zum Risiko werden.
Alles im Namen der Nachhaltigkeit.
Sicherlich wird man in einigen Unglücksländern die Schuld auf Baurichtlinien und Brandschutzvorgaben schieben können. Nicht überall ist der Brandschutz so gut geregelt und in der Planung zu berücksichtigen wie in Deutschland. Doch auch hierzulande ist der Brandschutz nur soweit ausgelegt, wie es dauert, Menschen aus einem brennenden Gebäude zu befreien. Danach könnte das Gebäude auch niederbrennen. Schade um die ehemals nachhaltigen Baumaterialien.
Was helfen also wie beim Universitätsgebäude in Nottingham im Brandfall die Auszeichnungen ‚Platinum‘ bei einer LEED-Zertifizierung oder ‚Outstanding‘ im BREEAM-System, die nur 1-2% aller zu errichtenden Gebäude erhalten? Was bringt mir der Credit für den Fahrradständer vor der Tür? Es bringt mir rein gar nichts, wenn sich am Ende 20 Millionen Pfund buchstäblich in Rauch auflösen und das Vielfache an CO2 freigesetzt wird, als es zum Bau eines Gebäudes mit ausreichendem Brandschutz notwendig gewesen wäre.
Wird man aus diesen Fällen etwas lernen?
Ich hoffe es. Denn es gibt ja bereits sinnvolle Möglichkeiten, Sicherheit nachhaltig zu planen und Nachhaltigkeit sicher zu bauen.
Ironie des Schicksals: in England wird gerade nach einem CO2 freien Ziegelstein geforscht. der nicht mittels Hitzeanwendung gehärtet wird.Bei der Herstellung von Beton, Ziegelsteinen oder Asphalt werden jedes Jahr tausende Tonnen des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 in die Atmosphäre gejagt. Die Lösung klingt so simpel wie kurios. Man nehme etwas Sand, eine Bakterienkultur, Calciumchlorid und ein wenig Harnstoff, fertig ist die Baumischung. Aus Sand wird ein künstlicher Sandstein – ohne Zugabe von Energie und das bei Raumtemperatur.Aus dem Bio-Sandstein wurde einen u-förmigen Stuhl, der ein Gewicht von 100 Kilogramm aushielt. Die Feuertaufe hat der Sitz bestanden. Freilich war das nur ein Test im Kleinen. Doch der Versuch könnte auch im größeren Rahmen gelingen.