Flammschutzmittel

Flammschutzmittel sind in der heutigen Zeit wohl ein notwendiges Übel. Fast überall dort, wo im Bauwesen mit natürlicherweise brennbaren Materialien gearbeitet wird, wird deren Feuerbeständigkeit mit Flammschutzmitteln verbessert. Dabei müssen diese noch nicht einmal nur in Baustoffen wie Wärmedämmstoffen oder Montageschäumen vorkommen, man findet sie z.B. zudem in Einrichtungsgegenständen aus Kunststoff wie Polstermöbeln, Matratzen oder Teppichen oder auch in Elektrogeräten wie Monitoren, Fernsehern oder Kabeln. Dabei ist es gar nicht sicher, ob viele der eingesetzten Flammschutzmittel so ohne weiteres für die Gesundheit und die Umwelt unbedenklich sind. Immerhin steht fest, dass sie die Haut, die Atemwege oder Schleimhäute reizen können.

Wie also schon angedeutet, werden Flammschutzmittel überall dort eingesetzt, wo Brände von entzündbaren Materialien verhindert oder die Ausbreitung von Bränden begrenzt werden soll. Dass hier ein ziemlich großer Bedarf vorliegt, belegen die Verkaufszahlen, die für 2011 einen weltweiten Verbrauch von über 1,5 Millionen Tonnen ausweisen. Es wird erwartet, dass sich der Absatz bis zum Jahre 2018 mehr als verdoppelt.

Die Wirkungsweise von Flammschutzmitteln lässt sich durch physikalische und chemische Vorgänge beschreiben. Chemisch kann durch Pyrolyse des Flammschutzmittels oder durch Bildung einer Kohleschicht ein Brand verhindert werden. Letzteres ist ebenso bei physikalischem Schutz denkbar, wobei auch noch die Kühlung durch Verdampfen von Wasser, die Verdünnung der Brandgase oder eine Verflüssigung der erhitzten Flammschutzmittel unter diese Wirkungsweise fallen.

Flammschutzmittel bestehen in überwiegender Zahl aus anorganischen oder aus halogenierten Stoffen. Aus der anorganischen Gruppe sind Aluminiumhydroxid (Al(OH)3, weltweit am häufigsten verwendet), Magnesiumhydroxid (Mg(OH)2), Ammoniumsulfat ((NH4)2SO4) bzw. -phosphat ((NH4)3PO4) sowie Roter Phosphor, Borate oder Gelöschter Kalk (Ca(OH)2) zu nennen. Halogenierte Vertreter sind Hexabromcyclododecan (HBCD), Tetrabrombisphenol A (TBBPA) oder Decabromdiphenylether (DecaBDE) aus der Bromgruppe sowie Chlorparaffine und Mirex, die mit Chlorverbindungen arbeiten.

Auch wenn Flammschutzmittel einen Brand oder dessen Ausbreiten verhindern sollen, sind sie im Brandfall selber teilweise die größte Gefahr. Dies gilt jedenfalls für halogenierte Flammschutzmittel, denn diese entwickeln unter großer Hitzeeinwirkung hohe Konzentrationen sehr toxischer Dioxine und Furane. Doch auch bei der Produktion und der Entsorgung können Flammschutzmittel entweichen. Darüber hinaus reichern sich halogenierte Flammschutzmittel mit der Zeit in der Umwelt und im menschlichen Körper an. So steigt beispielsweise auch die Konzentration von Flammschutzmitteln in der Muttermilch in den letzten Jahren stetig an. Das Bundesumweltamt warnt daher auch vor dem Einsatz dieser Art der Flammschutzmittel und weist auf mögliche Alternativen hin, die in vielen Fällen eingesetzt werden können. Nachlesen kann man dies in der Broschüre Bromierte Flammschutzmittel: Schutzengel mit schlechten Eigenschaften.

Firmen wie Knauf oder Sto, die z.B. Dämmstoffe wie expandiertes Polystyrol (EPS) oder extrudiertes Polystyrol (XPS) produzieren bzw. vertreiben, in denen halogenierte Flammschutzmittel (HBCD) eingesetzt werden, erkennen zwar die Gefahr des Stoffes als solchem für Umwelt und Mensch an, argumentieren aber, dass HBCD in den Dämmstoffen derart gebunden ist, dass es in diesem Zustand nicht als umweltgefährdend eingestuft werden müsse. Im Gegensatz dazu hat die Europäische Chemikalien-Agentur (ECHA) HBCD als ‚Substance of Very High Concern‘ und als sogenannten PBT-Stoff eingestuft, d.h. als persistent, biologisch anreichernd und toxisch. Diese Einstufung führt allerdings kein Verbot für Produktion, Vertrieb und Einsatz dieser Dämmstoffe mit sich, sondern macht nur eine Information der Verbraucher über die Verwendung notwendig.

Des weiteren werden im Bauwesen Borate häufig als Brandhemmer eingesetzt. Hier sind in erster Linie die sogenannten nachwachsenden Faserdämmstoffe zu nennen: Zellulose (Papier), Hanf, Holzfaser oder Flachs. Durch den Zusatz von Borat – oder auch Ammoniumphosphat – werden ansonsten brennbare Werkstoffe wie Papier oder Holz für Feuer uninteressant. Hierzu werden den Dämmstoffen bis zu 15 Gew.-% Borate zugesetzt. Borate werden in eingebautem Zustand als gesundheitlich unbedenklich eingestuft, sollen jedoch nach dem Einsatz nicht auf Deponien gelagert werden, da die Borate ausgewaschen werden und so das Grundwasser verunreinigen können.

Doch nicht nur Wärmedämmstoffe werden durch brandhemmende Zusätze schwer entflammbar gemacht. Mit intumiszierenden (aufschäumenden) Anstrichen kann auch der Brandschutz von Vollholz, Holzspanplatten und Bau-Furniersperrholz verbessert werden. Die Brandschutzbeschichtung ist nach dem Aufbringen vor Ort jedoch vor Abrieb, Verschmutzung und Feuchtigkeit zu schützen, um die Funktionsfähigkeit des Flammschutzmittels im Brandfall gewährleisten zu können.

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